battlecore schreibt:"Moin.
Weicher neuer Lack? Hab mir schon den Mund fusslig geredet und keiner glaubt das neuer Lack noch weich ist.
Also, erstmal hat der Abdruck den du mit dem Fingernagel machen kannst nicht direkt was mit dem Weichmacher zu tun. Der Weichmacher, Elastifizierer nennt man das, sorgt nur dafür das der Lack elastisch bleibt, die Molekülketten verketten sich kürzer. Weich im eigentlichen Sinne wird der Lack dadurch jedoch nicht, deswegen heisst es auch Elastifizierer und nicht Weichmacher. Die Oberfläche ist genauso Widerstandsfähig wie bei normalem Lack und man bekommt keine Abdrücke da rein. Wenn du schonmal einen Spoiler aus weichem Schaummaterial angefühlt hast, dann weisst du warscheinlich was ich meine. Der ist elastisch und mit dem Daumen kann man tief reindrücken. Trotzdem kann man mit dem Fingernagel keinen Abdruck in die Lackoberfläche machen.
Aber...der Lack war drei Wochen alt bei dir. Gib ihm noch einen oder zwei Monate Zeit zum vernetzen, also zum "aushärten".
Die Vernetzungsreaktion wird ja in der Brennkammer beim Lackierer nur ausgelöst, also gestartet. Sie wird dadurch nicht beendet. Die Vernetzung ist erst nach sehr sehr viel längerer Zeit beendet. Das heisst das durch UV-Licht oder Infrarotstrahlung (die meisten heutigen Lacke sind UV-Härtend) die Vernetzung gestartet wird und dann einsetzt. Diese Vernetzung ist dann nicht mehr umkehrbar wenn sie einmal gestartet wurde und im weiteren UV-Licht (Sonne) setzt sie sich weiter fort bis zur Beendigung. Im Volksjargon sagt man das der Lack noch weiter nachhärtet.
Das ist auch der Grund warum ein Neulack Zeit braucht. Lösemittel müssen ausdampfen können sonst behindern sie die Härtung. Das dauert auch etwa 4 Wochen nach dem lackieren. Wenn dann noch neue Kunststoffteile verbaut und lackiert wurden kommt dazu das auch die Kunststoffteile ausdampfen müssen. Man sagt dazu tempern. Mit Wärme wird jegliches Lösemittel und die natürliche Schutzschicht die sich auf Kunststoff bildet weggedampft. Erst danach lackiert man. Wenn das nicht gemahcht wurde können sich die Lösemittel des Kunststoffes durch den Lack schlagen. Helle Wolken können entstehen und der Lack kann im schlimmsten Fall matt schlagen.
Alles in allem sind das gute Gründe aus denen man neuen Lack erstmal einige Monate in ruhe lassen sollte. Die Fingernagelprobe die du gemacht hast ist ein gutes indiz dafür das der Lack noch nicht soweit ist. Man sollte in dieser Zeit keinerlei weiteren Polituren oder Wachse und Versiegelungen aufbringen um den Lack nicht zu verschliessen.
Jetzt kommt natürlich wieder die Aussage das der Lackierer den Lack ja auch poliert nach dem härten um kleine Fehler auszubessern. Ok, ist richtig.
Aber das sind andere Mittel und keine sogenannten kosmetischen Produkte (die Rückstände hinterlassen) wie der Endverbraucher sie normalerweise in der Hand hält. Zudem sind diese Poliermittel immer mit Wasser auswaschbar und es bleiben keine Rückstände auf dem Lack die ihn verschliessen.
Mein Tip ist einfach das man einen neuen Lack 3 oder 4 Monate in Ruhe lässt, nur Waschen und gut ist. Nach dieser Zeit kann man ihn einmal leicht polieren falls man Haarlinien oder sonstiges vom Waschen hat, anschliessend kann man einen Wachs auftragen, der ist natürlich und nicht agressiv.
:EDIT:
Wenn der Lack bei dir so lange weich bleibt (bis zur vollständigen Vernetzung) dann ist das übrigens kein Zeichen schlechter Arbeit, sondern ein Zeichen guter Arbeit. Der Lackierer hat dann nicht nur drauf geachtet das alles in einer Stunde fertig ist, sondern hat auf langlebigen Lack wert gelegt und sich damit Arbeit gemacht.
Grob gesagt...Schnell trocken = spröde. Als hinkenden Vergleich kann man Wandfarbe nehmen die man aufträgt und dann die Heizung anmacht. Wird rissig und hält nicht richtig weils zu schnell hart wird. Das ist nur so zur Varanschaulichung damit mans sich mal bildlich vorstellen kann. Am Fahrzeuglack wird das dadurch sichtbar das sich Steinschläge in grösseren Abplatzern als für gewöhnlich niederschlagen."